VP Thümmlitz am 17.10.2020
Prüfungsergebnis
Richter
Prüfungsbericht
Fallende Tropfen, fallende Blätter, fallende Steine und ein fallender Vorhang
Ein wolkenverhangener, grauer Himmel, feiner Nieselregen und nasses Laub auf den Straßen – so begrüßt uns der „goldene Oktober“ in Sachsen. Dazu mischt sich ein flaues Gefühl in der Magengegend, das das Frühstück eher zu einem notwendigen als einem genussvollen Ritual werden lässt. Heute ist Vorprüfung, endlich will ich sagen, weil im Vorfeld einiges nicht so war, wie es sein sollte. Der Termin im April wurde wegen Corona abgesagt, drei Tage vor dem nächsten Prüfungstermin brach sich meine Jola den Mittelfuß. Mitte September kam dann die Einladung zur VP in den Thümmlitzwald und dort stehen wir nun, am 17. Oktober kurz vor 8 Uhr auf dem Waldparkplatz inmitten tropfender Wälder. Mit uns sind drei weitere Gespanne angereist, um diese Prüfung zu absolvieren.
Unser Prüfungsleiter Thomas Mütze begrüßt uns Prüfungsteilnehmer, die Richter und die als Gäste mitgereisten Ehefrauen. Weil der Himmel wieder sanft seine Schleusen öffnet und feine Tropfen zur Erde fallen lässt, verlagern wir den Aufenthaltsort zu einer Schutzhüte. Die Fährtenarbeit der ersten Gespanne stellt nicht nur mich auf eine harte Probe. Immer wieder kommt das Gespräch darauf, wie es wohl den Führern mit ihren Hunden gelingt, die vorbereiteten Fährten zu arbeiten. Als erster erscheint dann Uli Tischer wieder am Sammelplatz und erleichtert stellen alle Wartenden fest, dass seine Hündin einen Bruch trägt. Ein freudiges, kräftiges Weidmannsheil zur erfolgreichen Arbeit, ein kurzer Bericht, dann kreisen meine Gedanken schon um unseren Einsatz. Als Nummer drei führt ein Helfer mich dann mit meiner Hündin in die Nähe „meines“ Anschusses. Kurz darauf erreicht das zweite Gespann nach erfolgreicher Arbeit das Ende der Fährte, der Bruch wird überreicht und die Arbeit bewertet. Schon ruft das Richterkollektiv mich mit meiner Jola zur Arbeit.
„Hier wurde gestern ein Stück Rotwild beschossen. Es ist ungefähr in diese Richtung geflüchtet. Wir bitten Sie, die Nachsuche zu übernehmen.“ Ich kann gerade noch stammeln, dass wir unser Bestes geben werden, dann versuche ich einigermaßen meinen Hund auf die Arbeit einzustimmen. Zur Vorsuche geschickt, nimmt Jola die Nase an den Boden und sucht ihre Fährte. Ich laufe einfach hinterher. Ich laufe hinter meinem Hund, der, die Nase im feuchten Gras, der für mich unsichtbaren Fährte folgt. Nasse Sträucher und Bäume entladen ihre gesammelten Tropfen über uns und ich werde allmählich nass und vor allem ruhiger. Als Jola das erste Wundbett verweist, fällt mir ein Stein vom Herzen, beim zweiten fällt der nächste. Irgendwann arbeitet die Hündin einen verwachsenen Weg entlang. Zweifel kommen auf, aber ich folge weiter, denn Jola weiß, was sie tut. Plötzlich stehen wir vor einem steilen Graben. „Das kann nicht sein,“ denke ich. „Da werden sie doch nicht durchgelaufen sein, als sie die Fährte getreten haben?!“ Doch! Sie sind genau dort hindurch gelaufen. Kurze Zeit später sind wir am Ende der Fährte. Jetzt fallen gefühlt tausend Steine von meinem Herzen. Bei meiner Rückkehr zum Sammelpunkt fallen noch mehr Steine von vielen Herzen. Nun fiebern wir gemeinsam mit dem vierten Gespann, welches dann auch die Riemenarbeit erfolgreich absolvieren kann.
Auch die anschließende Prüfung der Leinenführigkeit, des Gehorsams und der Schussfestigkeit können alle Gespanne erfolgreich absolvieren. Als letzte Herausforderung hält die Prüfungsordnung das Fach Ablegen bereit. Alle Hundeführer beschließen, ihre Hunde fest abzulegen, niemand will mehr ein Risiko eingehen. An den zugewiesenen Plätzen werden die Hunde mit dem Riemen fest abgelegt. Nun entfernen wir uns außer Sicht- und Hörweite. Es folgen für die Hundeführer 30 Minuten höchster Anspannung, lauschen, ob nicht doch ein Laut zu hören ist und wiederholte Blicke auf die Uhr. Zäh fließen die Minuten, stetig fallen immer noch Tropfen, allerdings nur noch von den nassen Bäumen. Der Himmel hat seine Wolkentore geschlossen. Endlich fällt der zweite Schuss und kurze Zeit später kommt für uns vier Rüdemänner die erlösende Botschaft, dass wir unsere Hunde abholen dürfen. Jetzt fallen nochmals etliche Steine und Entspannung macht sich auf unseren Gesichtern breit. Es ist deutlich heller geworden, finden wir. Am Sammelplatz erwarten uns heiße Würste und kalte Getränke, den Prüfungsleiter und seine Richter noch einmal ein Berg Arbeit. Für uns ist es Zeit, Geschichten erlebter Prüfung oder Nachsuche zu erzählen, Bilder werden gezeigt und Erfahrungen ausgetauscht. Wir können jetzt die angenehme Atmosphäre so richtig genießen.
Pünktlich, als unser Prüfungsleiter Thomas Mütze allen vier Gespannen die Urkunden für die bestandene Vorprüfung überreicht, fällt der Vorhang der Wolken und die Sonne blinzelt für einen Augenblick in strahlende Gesichter. Mit uns Hundeführern freuen sich die Richter über die gezeigten Leistungen und der Prüfungsleiter, dessen Arbeit hier belohnt wird. Ein wirklich gelungener Tag, der so trübe begann, findet hier seinen Abschluss. Danke für die freundliche, familiäre Atmosphäre. Danke für eure unermüdliche Arbeit, die uns einen erfolgreichen Tag bescherte.
Schade, dass der Hörnerklang im Herbstwald ausfallen musste. Dankeschön, auf Wiedersehen.
Ich wünsche euch allen kräftiges „Suchenheil“, das nötige Geschick, die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit zu treffen und vor allem euch und euren Hunden Gesundheit.
Dirk Schröder