Erfolgreiche erste Nachsuche
Aus einem Brief
von Eberhard Kuhles
Im Leben der Jäger, die einen Schweißhund zur bestandenen Vorprüfung geführt haben, ereignet sich der Augenblick jenes Herzschlagserleben, in der die angespannte Ruhe sich zur vertrauensvollen Energie entwickelt, mit gelehrter, wiederholender Vorgehensweise, aber erstmalig, einmalig und einzigartig sicher, im vorsichtigen Beginn die Annahme- zum Anschuss verweisend, den Abgang mit Schweiß bestätigt findet, um mit zügiger Arbeit im Riemen, auf der ersten Rotfährte nachhängend, das Wild zu finden. Was für ein Ereignis!
So entwickelt sich das gemeinsame Erfolgserleben, zwischen Mensch und Hund. Der enorme Finderwille prägt sich in der gerechten Schweißarbeit und führt den Schweißhund und seinen Führer als Rudel, mit einer spezifischen physischen Psyche zusammen. Mit Suchenglück die Beute machen. Ein Ziel, ein Ereignis, wie gut? So gut, für beide, das zu erleben.
Am 24.10.2012 hat Dana vom Laußnitzer Jägerhof, eine zwei jährige HS Hündin, ihre erste Nachsuche, eine Tot-Suche gearbeitet. Ich hatte am 23.10.2012 gegen 23.30 Uhr, im Buchenwald bei Halbmondlicht im Schatten, aus der Rotte von 5-6 Sauen eine ca. 50 kg schweres Stück Schwarzwild beschossen. Durch die hohe Feuchtigkeit im Gras und Boden waren im Lichtkegel der Taschenlampe viele Trittsiegel an der Kirrung zu sehen. Auch konnten mehrere tiefe Eingriffe nicht den gewünschten Aufschluss für das getroffene Schwein hergeben. Folglich ging ich bogenförmig und großräumig in Schusskanalrichtung an den vermeintlich angenommenen Anschußstandort der Sau vorbei und suchte vorsichtig, in großen Schritten nach Pirschzeichen. So fand ich nach ca. 10-15m den ersten Schweiß auf zwei, noch grünen Buchenblättern. Die Pirschzeichen waren in ca. 10 cm Höhe und auch auf dem Boden, an einem eingefärbten Blatt gut zu sehen. Ich erkannte den dunklen Schweiß als Leberschweiß, den etwas helleren Schweiß als Wildbret (Aorta) und schlussfolgerte eine mögliche Totsuche. Dann markierte ich die Pirschzeichen mit einem Bruch und habe die Vorsuche abgebrochen. Daraus entwickelte sich der Nachsucheplan, mit Dana im Morgengraun des 24.10.2012 die Nachsuche anzugehen.
Die Nacht war unendlich lang und die Morgendämmerung wollte nicht kommen. Ein noch schlafender, im Nebel geborgen, nasser Wald, mit Buchenbäumen von denen Wassertropfen wie Blei auf den frühherbstlichen Laubboden laut aufschlugen, hat uns wie Trommelschläge im Takt, empfangen. Dana hatte schon längst mitbekommen, das dies kein normaler, wie gewohnter Reviergang wird und nutzte freilaufend die Möglichkeit sich schnell zu lösen. Ich wählte nicht den kürzesten Aufstieg und ging ruhig mit raumgreifenden Schritt den Hauptwaldweg hoch. Dana zeigte ein freudiges Verhalten und zog mit tiefer Nase, wie selbstverständlich am Wegrand entlang. „Da könnte ja was gewechselt sein und das darf ich nicht verpassen !“.
Dreißig Meter vor der Kirrung habe ich sie frei bei Fuß genommen und wie gelernt ca.5 Meter vor dem vermeintlichen Anschuß ablegen lassen. Schon jetzt wurde sie im liegen neugierig und hielt so hoch es ging den Schwamm, nach allen Seiten in die Anschlussrichtung windend. In dessen hatte ich langsam die Suchenleine ausgelegt, ergriff die Halsung. Dana setzte sich und zog nach „such verwund, lass sehen“ sofort an. Zwei drei Längen ging sie zügig, wurde vorsichtig langsam, blieb stehen. Dana bewegte mit tiefer Nase suchend den Kopf nach rechts, nach links und schon hatte sie schnurgerade die ca. zehn Meter Abgang verfolgt. Dann, der erste Haken nach links und wir zogen an die verbrochenen Pirschzeichen heran.. Dana verhoffte, ging aber gleich weiter und ist zügiger und fester im Riemen der Wundfährte bergan gefolgt. Am Bergkopf angelangt hat sie einen Hauptwechsel angenommen. Nach weiteren 30 Meter hat sie plötzlich die bisherige Richtung abgebrochen. Wie aufgezogen, schnell und emsig mit starker Nasenarbeit begann sie im Umkreis von 5-10 Meter, alles um mich herum zu suchen und zu bewinden. Plötzlich verfolgte Dana ca. 5 Meter den Wechsel in die Richtung Anschuss zurück und ging mit Umkehrsprung wie festgesaugt auf den Wechsel, so wie zu Beginn weiter. Nun kam der Gedanke, wo ich an meiner Totsuche zweifelte aber der war wie Schall und Rauch, als weitere Pirschzeichen, große Schweißtropfen auf dem Wechsel zu sehen waren. Das war die Bestätigung.
Ich hing Dana auf dem Hauptwechsel noch ca. 30 oder 40 Meter nach, als sie im Neunziggradwinkel nach rechts abgebogen ist, und wir tauchten so in einem mit dichten Buchenstangengewirr bewachsenen Grund ein. Dana ging zügig an die 8o Gänge und ich hatte Mühe im Stangengewirr das Tempo zu halten. Als die Hündin einen leichten Rechtsbogen zog, wurde sie langsam und bewindet vorsichtig, den aus dem Leben gegangenen, fast 50 Kilo schweren Überläuferkeiler. Noch im hohen Loben ließ sich Dana nicht davon abhalten, alles was der Keiler an Duftstoffen von sich gab aufzusaugen.
Nach leichten Anrühren begann sie mit hellem, lockeren Hals, das Stück zu verbellen. Der Überläuferkeiler hatte aufgebrochen ein Gewicht von 45 Kilo. Mein Schuss durchschlug unmittelbar neben dem unteren Blattrand vor dem rechten Forderlauf die Muskulatur, dann die Großrippe, hat das Herz am oberen Rand gestreift, ein Stückchen von der Leber erwischt und ist steilschräg von Blattzifferbereich 8, im Uhrzeigersinn, neben der ersten, vorne gelegene Großrippe, auf Blattziffer 5, ausgetreten. Ein- und Ausschuss hatten die Grüße meiner 8×57 IRS TIG Patrone. Der Schuss wurde von einer sehr hohen Leiter, am aufsteigenden Hang, aus einer Entfernung von ca. 35-40 Meter, an die Sau abgegeben. Die intensive Aufnahme der Bodenwitterung von Dana, nach ca.70 Meter Fluchten, war vermutlich die Stelle, wo sich die anderen Sauen auf den Hauptwechsel eingefunden haben. Hier begegneten sich die Wundfährte mit den Gesundfährten und im Nachgang ist das auch von den vielen, an dieser Stelle umgetreten Laubblättern herzuleiten. Dana musste die Wundfährte neu aus den vielen Bodenverwundungen sondieren und korrigierte sich selbst. Das erklärt auch, wieso das Schwein mit solch einen Treffer die Fluchten bewältigen konnte. Die anderen Sauen hatten das kranke Stück mitgenommen.
Mit dem letzten Bissen für den Keiler, einen Finderbruch für Dana, haben wir zu dritt den Wald verlassen . Im verborgenen aber daran gedacht, nun kann der Wald seine gewohnte, morgendliche Aufwachstimmung ungestört fortsetzen. Mit dem Suchenglück begonnener Tag hat uns die Erlebniserfahrung mit Weidmannsheil gebracht. Der Dank gebührt der Natur.